Global Perspectives | Studie | März 2022

GP Insight | Wegweiser in eine gemeinsame Zukunft: Perspektiven für die deutsche Afrikapolitik

Ergebnisse qualitativer Interviews mit Expert:innen aus Afrika

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GPInsight | Perspektiven für die deutsche Afrikapolitik | deutsche Version

GP Insight | Perspectives on the German Africa Policy | English version

EXECUTIVE SUMMARY

Partnerschaftlich und auf Augenhöhe: Im Rahmen von The Africa Roundtable, einem Forum für Entscheidungsträger:innen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zur europäisch-afrikanischen Zusammenarbeit, will die vorliegende Publikation afrikanische Lösungen für afrikanische Herausforderungen aufzeigen und den Dialog sowie das wechselseitige Verständnis zwischen den Nachbarkontinenten Europa und Afrika stärken. Dafür haben wir mit 16 Expert:innen aus den verschiedenen Regionen Afrikas über Trends auf dem Kontinent und partnerschaftliche Ansätze einer neuen Afrikapolitik in Deutschland und Europa gesprochen.

Europa und Afrika: endlich Partner?

Laut Aussage der Expert:innen prägt die koloniale Vergangenheit noch immer die Beziehungen zwischen europäischen und afrikanischen Ländern. Historische Ungerechtigkeit und alte Denkmuster würden bis heute nachwirken. Zugleich begrüßen die Gesprächspartner:innen Deutschlands Neuausrichtung der europäisch-afrikanischen Zusammenarbeit mit dem Ziel einer Partnerschaft auf Augenhöhe. Diese positiven Ansätze müssten weiter ausgebaut und nachhaltig gestaltet werden.

Die Gesprächspartner:innen sind sich einig: Deutschland und Euro- pa müssen realisieren, dass sie Afrika brauchen. Nicht nur zur Bewältigung globaler Krisen, sondern auch als Handelspartner. Deutsche Afrikapolitik wird allgemein als „house divided“ wahrgenommen: Hier bräuchte es mehr interministerielle Koordinierung und Absprachen verschiedener Akteure der deutsch-afrikanischen Zusammenarbeit. Auch mit der europäischen Ebene sollte sich ver- stärkt abgestimmt werden, um Doppelstrukturen zu vermeiden.

Afrika und Deutschland in der Welt
Die Expert:innen sehen Afrika in multilateralen Organisationen wie der Welthandelsorganisation (WTO), dem Internationalen Währungsfonds (IWF) oder dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen nicht angemessen repräsentiert und fordern institutionelle Re- formen. Hier ist Unterstützung durch die deutsche Regierung gewünscht. Zudem wird Deutschland als Vertreterin liberaler Werte wahrgenommen, die mehr globale Verantwortung übernehmen und eine stärkere Stimme im internationalen Diskurs werden sollte.

Handlungsansätze nach Clustern

Die von den Expert:innen beschriebenen Herausforderungen las- sen sich weitestgehend in folgende Cluster einordnen: 1. Wirtschaft & Beschäftigung, 2. Handel & wirtschaftliche Integration, 3. Klima & Umwelt, 4. Frieden & Sicherheit, 5. Good Governance & Demokratisierung sowie 6. Covid-19, Gesundheit & Forschung.

Wirtschaft & Beschäftigung

Wirtschaftswachstum stellt für die Expert:innen den Schlüsselfaktor für Entwicklung dar. Sie machen deutlich, dass Afrikas Wirtschaft wächst, dabei jedoch kaum Arbeitsplätze und Wertschöpfung vor Ort entstehen. Bevölkerungswachstum, (Jugend)-Arbeitslosigkeit, geringe Produktivität und fehlende Attraktivität Afrikas als Investitionsstandort werden als die zentralen wirtschaftlichen Herausforderungen angesehen. Hierfür wird als zentraler Akteur der internationale und afrikanische Privatsektor von den Gesprächspartner:innen genannt. Es sei zwar Aufgabe afrikanischer Regierungen, investitionsfreundliche Bedingungen in ihren Ländern zu schaffen, jedoch könnten Aktivitäten deutscher oder europäischer Unternehmen in Afrika durch staatliche Absicherungsprogramme attraktiver werden.

Handel & wirtschaftliche Integration
Es wird kritisiert, dass hohe Zölle und Agrarsubventionen von europäischer Seite weiterhin eine gleichberechtigte Beteiligung Afrikas am Weltmarkt verhindern und Produzent:innen vor Ort schwächen. Diese Handelshemmnisse müssen laut den Expert:innen beseitigt und der Verkauf von europäischen Lebensmitteln zu Dumping-Preisen in Afrika gestoppt werden. Auch die geplante Kohlenstoffbepreisung des European Green Deal könnte Afrika den Zugang zum europäischen Markt zusätzlich erschweren und sollte überdacht werden.

Klima & Umwelt
Ein für die Gesprächspartner:innen zentraler Punkt ist die Klima(un)gerechtigkeit: Obwohl die Länder Afrikas weniger als vier Prozent zu den globalen Treibhausgasemissionen beitragen, leidet der Kontinent massiv unter den Folgen. Gleichzeitig dürfe der Ausbau erneuerbarer Energien nicht auf Kosten von dringend benötigtem Wirtschaftswachstum in Afrika gehen: Hier schlagen die Expert:innen Kompensationszahlungen von Emittenten aus dem Globalen Norden vor.

Frieden & Sicherheit

Laut den Expert:innen haben Kriege, Konflikte und Migration viel- schichtige Ursachen und lassen sich langfristig nur mit einer ent- wicklungspolitischen Strategie lösen, die die lokale Bevölkerung beteiligt und Perspektiven vor Ort schafft. Eine rein militärische oder sicherheitspolitische Herangehensweise wird als kurzsichtig abgelehnt. In den Augen unserer Gesprächspartner:innen hat Deutschland zudem politisches Kapital in Afrika aufgebaut und sollte dies als Mediatorin in Konflikten nutzen.

Good Governance & Demokratisierung

Zwei Perspektiven kommen in den Gesprächen zutage: Die Forderung nach Good Governance sollte unbedingt aus der nationalen Bevölkerung selbst kommen. Nur in ausgewählten Fällen könnte politische Konditionalität einen wirkungsvollen Anreiz für Regierungen bieten, Reformen umzusetzen.

Wichtig ist für die Expert:innen: Externe Partner:innen sollten vor allem Zivilgesellschaften vor Ort unterstützen, um nachhaltige und kontextspezifische Lösungen mit lokaler Expertise zu schaffen. Für die Entfaltung der Zivilgesellschaft sei besonders der freie Zugang zu Information, Kommunikation und digitalen Dienstleistungen zentral.

Covid-19, Gesundheit & Forschung

Aus Sicht der Gesprächspartner:innen hat Corona gezeigt, dass Pandemien nur durch Produktion von Medikamenten und Impfstoffen in afrikanischen Ländern effektiv bekämpft werden können. Die notwendigen Produktionskapazitäten könnten mit Investitionen ausländischer Pharmaunternehmen ausgebaut werden. Um lokale Produktion zu ermöglichen, sollten europäische Länder zudem ihre ablehnende Haltung gegenüber der Freigabe von Impf- stoff-Patenten überdenken. Auch temporäre Arbeitsmigration im Gesundheitssektor könnte den Wissenstransfer fördern und gleichzeitig z.B. den deutschen Fachkräftemangel ausgleichen.

Autor:innen:

  • Nica Weidemeyer, Junior Project Managerin
  • Nora Kiefer, Senior Project Managerin und Project Lead

Herausgeber*innen:

  • Global Perspectives Initiative

Weitere Publikationen zu diesem Thema:

Publikation downloaden:

GPInsight | Perspektiven für die deutsche Afrikapolitik | deutsche Version

GP Insight | Perspectives on the German Africa Policy | English version

Partner:innen:

Institut für Demoskopie Allensbach (IfD) 

Ansprechperson:
Judith Ramadan, Project Management
j.ramadan@globalperspectives.org


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