Global Perspectives | Policy Paper | März 2018

GP Policy Paper “Aurora Dialogues Berlin 2017”

Millions on the Move

Need for Development and Integration

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GP Policy Paper "Aurora Dialogues Berlin 2017"

Executive Summary
Am 4. und 5. Dezember tagten erstmals die Aurora Dialogues in Berlin. Sie wurden von den drei Philanthropen und Gründern der Aurora Humanitarian Initiative Vartan Gregorian, Noubar Afeyan und Ruben Vardanyan ins Leben gerufen. Gemeinsam haben sie die Aurora Dialogues als Plattform für den Austausch zu globalen Herausforderungen wie Flucht, Migration und drängenden humanitären Problemen gegründet.

Über 100 internationale Experten sowie Teilnehmer aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft diskutierten bei den Aurora Dialogues Berlin unter dem Titel Millions on the Move: Need for Development and Integration Fragen der Integration und der Fluchtprävention.

700 Millionen Menschen weltweit halten Migration für die einzige Möglichkeit, ihre persönliche Lebenssituation zu verbessern. Weltweit gibt es derzeit mehr Flüchtlinge als jemals zuvor seit dem Zweiten Weltkrieg. Mehr als die Hälfte von ihnen sind Kinder. Allein im Jahre 2016 wurden über 65 Millionen Menschen Opfer gewaltsamer Vertreibung, Verfolgung und Menschenrechtsverletzungen. Und: wie ein Damoklesschwert schwebt die Tatsache über der globalen Gesellschaft, dass es im Jahr 2050 mehr als 200 Millionen durch die Folgen des Klimawandels vertriebene Menschen geben wird.

Die Dimensionen dieser großen Wanderung werden noch immer vielfach unterschätzt. Das Narrativ von Flucht und Migration ist weiterhin geprägt von Missverständnissen, falschen Wahrnehmungen und starken Emotionen. Es ist eine Herausforderung, unbequeme Wahrheiten und bewegende persönliche Geschichten zusammenzubringen.

Bereits der Vorabend der Aurora Dialogues war geprägt von hochkarätigen Sprechern und beeindruckenden Geschichten. Einer der Gründer der Aurora Humanitarian Initiative und US-Unternehmer armenischer Herkunft, Noubar Afeyan, berichtete von seinen Vorfahren, die als Migranten das Glück hatten, auf Mitfühlende und Retter zu treffen. Auch er selbst sei Migrant, der erst in Kanada und dann in den USA eine neue Heimat fand. Länder wie die USA seien Innovationsführer, weil Migranten – Menschen, die nichts für selbstverständlich halten, die ihre Komfortzone immer wieder aufs Neue verlassen (mussten), die nichts oder wenig erwarten – die Fähigkeit entwickeln, Veränderungen herbeizuführen. Das prädestiniert sie zum Unternehmertum. Etwa 40 Prozent der Fortune 500 Gründer und CEOs sind Immigranten, erinnert er.

Der ehemalige Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche in Deutschland, Wolfgang Huber, fordert in seiner Rede eine Ethik der Verantwortung und warnt vor moralischen Übertreibungen. Es brauche vor allem eines in Zeiten der Migrationskrise: die anhaltende, unbedingte Bereitschaft zu Empathie und humanitärer Hilfe.

Auch der Präsident der Carnegie Cooperation Vartan Gregorian beeindruckte durch seine persönliche Geschichte als Migrant aus dem Iran. Er erhielt 2004 die Friedensmedaille und wurde 2009 von Präsident Barack Obama in die Kommission des White House Fellowship- Programm berufen. In seiner Rolle als Mitglied des Auswahlkomitees für den Aurora-Preis mahnte er: „Flüchtlinge sind keine Kategorien. Es sind Menschen mit Zielen, persönlichen Visionen, Träumen. Es sind Menschen, die versuchen, zu überleben.“

Am Folgetag mahnte der langjährige Präsident des Deutschen Bundestages Norbert Lammert, Migration könne politisch nicht verhindert werden. In Europa sei sie gar fester Bestandteil der eigenen Geschichte.

Mary Robinson, die ehemalige Staatspräsidentin Irlands und Hochkommissarin für UN-Menschenrechte, fragte im Hinblick auf den Isolationismus einiger europäischer Staaten, ob diese ihre eigene Geschichte vergessen hätten.

Der Aurora Humanitarian Index brachte weitere Wahrheiten ans Tageslicht. Die weltweite Befragung offenbarte, dass nur 37 Prozent Flüchtlinge in ihrem Land willkommen heißen würden. Mehr als ein Drittel glaubt, Migranten würden mehr von den Vorzügen der aufnehmenden Gesellschaft profitieren, als sie zurückgeben würden.

Rita Süssmuth fordert deshalb ein neues Narrativ. Und alle Experten sind sich darüber einig, dass wir einen Paradigmenwechsel in der Entwicklungspolitik brauchen.

Die Zeit von Gebern und Nehmern muss abgelöst werden durch neue Partnerschaften, starke Netzwerke und den Mut zur Eigenverantwortung. Viele der afrikanischen Staaten sind reich an Rohstoffen und „Human Capital“. Der Kontinent kann und muss seine Probleme vor allem in Eigenregie lösen – aufoktroyierte Pläne werden nicht funktionieren. Paternalismus entmündigt – an seine Stelle muss Partnerschaft treten, ganzheitlich und auf Augenhöhe. Es kann nicht darum gehen, Migration durch Abschottung zu verhindern, es geht um neue und nachhaltige Perspektiven für die Menschen vor Ort.

Auf beeindruckende Weise haben die Robert Bosch Stiftung, die Stiftung Mercator, UNICEF und UWC ihr Wissen und ihre Erfahrung eingebracht. Ihnen allen gilt unser besonderer Dank! Unser Glückwunsch gilt der Aurora Humanitarian Initiative für die Gründung der Plattform und die Internationalisierung der Dialoge. Die Aurora Dialogues Berlin waren dazu der erste Schritt.

Autor:innen:

  • Nadine Bütow, Öffentlichkeitsarbeit Global Perspectives Initiative

Herausgeber*innen:

  • Global Perspectives Initiative

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